Das letzte führende Mitglied der neo-faschistischen Militärdiktatur in Griechenland (1967-1974) Nikolaos Dertilis verstarb kürzlich nach 38 Jahren Haft in Athen. Aufgrund eines Mordes an einem 19 jährigen Demonstranten während des Aufstands am Athener Polytechnikum 1973 wurde er zu lebenslänglicher Haft verurteilt. Er verweigerte, ähnlich wie Georgios Papadopoulos, der populärste Führer der Militär-Junta, bis zu seinem Tod seine Amnestie. Diese wäre ihm unter der Bedingung gewährt worden, dass er Verantwortung für die Verbrechen unter der neo-faschistischen Militärdiktatur übernimmt und sich reuig zeigt. Im Gegenteil erklärte Dertilis, dass er nur dann das Gefängnis verlassen werde, wenn “der griechische Staat mich offiziell um Entschuldigung für das gegen mich verübte Verbrechen bittet, welches die größte moralische, juristische und politische Schande aller Zeiten darstellte” und endet: “Anderenfalls werde ich im Gefängnis sterben, in Erfüllung meiner Mission nicht nur als Soldat, aber auch als praktizierender Revolutionär.”
Für die griechischen Neo-Faschisten ist Dertilis, wie Papadopoulos, nicht zuletzt aufgrund ihrem kompromisslosen Festhalten an neo-faschistischen Ideologien und der Rechtfertigung für die von ihnen begangenen und angeordneten Verbrechen, eine Symbolfigur. Noch in den 80er Jahren gab es mit der Nationalen Politischen Union (EPEN) eine offizielle und nicht-verbotene UnterstützerInnenorganisation für die inhaftierten Führer der Militär-Junta. Aus ihr ging später die neo-faschistische Partei Chrysi Avgi und die rechtspopulistische bis neo-faschistische LAOS-Partei hervor, aus deren Reihen immer wieder Bewunderung für die Leistungen der Militär-Junta geäußert wurden.
Der jetzige Minister für Infrastruktur und Transport Makis ,,Hammer'‘ Voridis (Sein Spitznamen erhielt er, als er in den 80er Jahren mit einem selbstgebauten Hammer Linke über den Campus jagte), jetzt Mitglied von Nea Dimokratia (ND), ehemaliges Mitglied der EPEN und Mitgründer von LAOS, bezog sich neben anti-semitischen und rassistischen Ausfällen in den vergangenen Jahren immer wieder positiv auf die Militär-Junta. Der Abgeordnete Ilias Kasidiaris, Mitglied und Abgeordneter von Chrysi Avgi, hingegen hatte mehrmals im Parlament eine Anfrage zu den Entlassungsbedingungen für Dertilis beantragt und die derzeitige Regierung dazu aufgefordert, “zu einer praktizierten Geste der Humanität zu schreiten und den inhaftierten hochdekorierten Offizier aus der Haft zu entlassen“.
Am 14. November 1973 fand der berühmt gewordene Aufstand am Polytechnikum statt: Studenten verbarrikadierten sich in der Universität und propagierten über eine selbstgebaute Radio-Station Junta-Feindliche Meldungen. Am 15. November demonstrierten daraufhin mehrere hundertausend Menschen im Zentrum von Athen gegen die Junta. Diese reagierte erwartungsgemäß brutal und repressiv. Das Tor des Polytechnikum wurde mit einem Panzer eingefahren und die aufständischen Studierenden verhaftet und verschleppt. Offizielle Untersuchungen kamen nach dem Fall der Junta zu dem Ergebnis, dass es keine Toten im Zuge der Erstürmung der Universität gegeben habe. Dem stehen unzählige Zeugenaussagen gegenüber, die von einem Blutbad mit unzähligen Toten und Verletzten, sprechen. Der Aufstand hat bis heute Symbolkraft für AntifaschistInnen, Linke und AnarchistInnen in Griechenland und gilt als Anfang vom Ende der neo-faschistischen Diktatur.